Am 10. April 2024 warf die Staatsanwaltschaft Mailand zwei Anwälten im Rahmen eines Strafverfahrens mit mehreren Beschuldigten Hehlerei vor. Konkret wurde den Anwälten vorgeworfen, Barzahlungen für ihre erbrachten Dienstleistungen erhalten zu haben, die angeblich aus illegalen Quellen stammten. Daher beantragte die Staatsanwaltschaft ein Berufsverbot gegen sie, da sie von der kriminellen Herkunft des Geldes gewusst hätten und klagte sie wegen Hehlerei an.
Am 3. Mai 2024 lehnte der Ermittlungsrichter, Dr. Roberto Crepaldi, die von der Staatsanwaltschaft beantragte Maßnahme gegen die Anwälte ab.
Der Richter ging in seiner Begründung davon aus, dass nach der Rechtsprechung im Allgemeinen das psychologische Element der Hehlerei auch durch bedingter Vorsatz integriert werden kann, erläuterte aber, dass dieser Grundsatz im Falle von Strafverteidigern aus zwei Gründen nicht gelten kann.
Erstens haben Strafverteidiger naturgemäß wirtschaftliche Beziehungen zu Personen, die zumindest verdächtigt werden, Straftaten begangen zu haben. Daher muss das mögliche Bewusstsein für die kriminelle Eigenschaft ihres Schuldners als irrelevant angesehen werden. Andernfalls könnten sie nie die Zahlung von ihren Mandanten verlangen, wenn diese ihnen im Rahmen des Vertrauensverhältnisses das Verbrechen gestehen oder wenn ihre strafrechtliche Verantwortung später mit einer rechtskräftigen Verurteilung festgestellt wird.
Zweitens hebt der Richter hervor, wie heikel die Situation angesichts der Interessen ist, die dem Verteidigungsverhältnis zugrunde liegen, das sich von allen anderen vertraglichen Beziehungen unterscheidet, weil es sich auf das von der Verfassung garantierte Grundrecht der Verteidigung bezieht. Es würde gefährdet, wenn die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Verdächtigem (oder Beschuldigtem) und Verteidiger jedes Mal gründlich geprüft würden.
Unter Hinweis darauf, dass sich die italienische Rechtsprechung noch nicht mit dieser Frage befasst hat, verwies der Ermittlungsrichter Mailand auf eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu einem Fall von Geldwäsche im Zusammenhang mit der Bezahlung von Rechtsdienstleistungen. Dort wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angeführt, der einen restriktiven Ansatz für derartige Anschuldigungen verlangt und sie nur dann zulässt, wenn sich der Freiberufler der kriminellen Herkunft des Geldes voll bewusst ist, so dass Situationen eines bloßen Verdachts keine strafrechtliche Relevanz haben. Das Bundesverfassungsgericht wies auch auf die Gefahr eines Eingriffs in das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant hin, d. h. auf die Freiheit des Mandanten, dem Verteidiger kompromittierende Details anzuvertrauen, ohne ihn zu zwingen, zwischen dem Verzicht auf das Mandat und der Zahlung von Rechtsdienstleistungen zu wählen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Anwalt in einem Strafverfahren nur dann wegen Hehlerei (oder Geldwäsche) verfolgt werden kann, wenn Sicherheit über die illegale Herkunft der erhaltenen Vergütung besteht; eine Sicherheit, die der Mailänder Richter im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht gefunden hat.
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